Donnerstag, 2. Juli 2015
Intipunku - das Sonnentor
Wir werden erbarmungslos um 4.30 Uhr, etwa 2 Stunden vor Sonnenaufgang, geweckt. Ich habe nicht so viel geschlafen, zu gross ist die Erwartung, unser Ziel, Machu Picchu, endlich sehen zu koennen.
In stockdunkler Nacht packen wir unsere Habseligkeiten im Schein unserer Taschgenlampen ein.

Es ist fast gespenstisch, unsere Lichtkegel durch die Nacht tanzen zu sehen.

Am Treffpunkt erhalten wir liebevoll unser eingepacktes Fruestueck und unsere letzten Instruktionen, vor allem die, dass wir langsam laufen und immer zusammenbleiben sollen. Denn die Absturzgefahr in der Dunkelheit sei doch relativ hoch – wenn man eben nicht aupasst!!!

Ein letzter Checkpoint muss noch passiert werden. Ich merke jedem die Anspannung an, denn wir wollen endlich ankommen und die Fruechte unserer Anstrengungen ernten.

Wir laufen wie im Gaesemarsch auf dem fast ebenen Weg am Abhang im Tanz unserer Taschenlamen entlang. Nur undeutlich koennen wir im Hintergrund die Berge mit ihren bewachsenen Waeldern lediglich als Umrisse erkennen. Dennoch ist unser Blick auf den einen Berg gerichtet, den wir umrunden muessen, um die sagenumwobene Stadt sehen zu koennen.

Ich komme mir fast vor wie Frodo aus dem “Herrn der Ringe, der zu DEM einen Berg kommen muss – nur, dass wir in einer anderen Mission unterwegs sind.

Ist es tatsaechlich so, oder habe ich nur das Gefuehl, dass sich unsere Schrittgeschwindigkeit erhoeht, ohne dass jemand etwas dazu tut oder wir es abgesprochen haetten?

Fast uebersehen wir tief unten im Tal das Wasserkraftwerk und die Bahnlinie, wo sich die PeruRail mit lautem Hupen schwer tut, den Berg hinauf zu fahren.

Je heller es wird, umso mehr erwacht auch die Natur um uns herum. Voegel, die wir vergeblich in den Aesten und Zweigen suchen, zwitschern mit ihren unterschiedlichen Liedern um die Wette und die ersten Schmetterlinge sind auch schon zu erkennen, die schlaftrunken umherflattern.



Aber wo ist die geheimnisvolle Ruinenstadt, von der man eigentlich nur sehr wenig weiss? Hinter der vor uns liegenden Kurve, hinter der naechsten Kuppe?

Ploetzlich staut es sich, andere Wanderer stehen vor uns, ein Raunen geht um und jeder fragt sich, warum geht es nicht weiter? Yeiber, der nun in seine eigene Euphorie verfaellt, obwohl er den Machu Picchu mit uns das 600ste Mal besucht, erklaert uns, das uns noch eine sehr, sehr steile Steintreppe bevorsteht, bevor wir den ersten Blick auf die Stadt werfen koennen. Aber er verspricht uns, dass Jeder, der die obere Plattform erreicht, ueberwaeltigt sei und laut “WOW” rufen wuerde. Er selbst nennt den Platz “Oh my god-Place”.

Langsam geht es auf die Treppe zu, und sie ist, verdammt noch mal, so steil, dass man droht, rueckwaerts wieder hinunter zu fallen. Jung und alt, Maennlein, wie Weiblein, quaelen sich diese ca. 70 Stufen nach oben.

Und da ist er, der “oh my god-place” - und der erste Blick auf die sagenumwobenen Stadt Machu Picchu.



Vor uns im Tal, noch im Schatten, zeigt sie ihre Ausmasse, umgeben von ihren schuetzenden Bergen.

Hier am Intipunku, dem sogenannten Sonnentor, sollen wir warten, wollen wir den Sonnenaufgang erleben.

Ich werfe meine Wanderstoecke weg, nehme mir meine Kameraausruestung und suche mir einen guten Platz, um die ersten Sonnenstrahlen, die bald die Stadt im Licht erscheinen lassen werden, einfangen zu koennen.

Wir koennen es kaum erwarten, dass hinter uns die Sonne immer hoeher steigt und die Ruinen in ein warmes Gelb taucht.





Erst als die Mauern komplett im Sonnenlicht erstrahlen und man glaubt, das Inkagold noch erkennen zu koennen, machen wir uns unglauebig auf die letzten 10 – 15 Minuten Fussmarsch, um einzutauchen in die erst 1911 vom damals 36-jaehrigen Amerikaner, Hiram Bingham, entdeckten Ruinen.

Auf dem Weg abwaerts werden wir ueberrascht vom Lichteinfall der Sonnenstrahlen, der die Berge mit ihrer Maechtigkeit erwachen laesst.

... comment